News: Europäisches Projekt zur Erforschung seltener Krankheiten
16.01.2018 - Ein großes Konsortium mit Beteiligung des Instituts für Humangenetik erhält hohe Förderung.
Ein großes Konsortium unter Federführung des Universitätsklinikums Tübingen, des Universitätsklinikums Radboud Nijmegen und der Universität Leicester erhält für das Forschungsprojekt SOLVE-RD eine Förderung von 15 Millionen Euro. Die Humangenetik am Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen des Universitätsklinikums Bonn ist beteiligt.
In direkter Zusammenarbeit mit vier europäischen Referenznetzwerken,
den European Reference Networks (ERN), soll die Diagnose seltener
Erkrankungen verbessert werden. In diesen europäischen Netzwerken aus
Fachzentren und Gesundheitsdienstleistern sollen das Wissen und die
Ressourcen für die Behandlung seltener Krankheiten geteilt und
verbessert werden.
Keine Diagnose – Odyssee der seltenen Erkrankungen
Patienten
mit einer seltenen Erkrankung haben häufig einen langen Leidensweg
hinter sich. Manchmal dauert es zehn oder fünfzehn Jahre bevor sie einen
Arzt finden, der die Ursache erkennt. Nicht nur die Diagnosestellung
ist schwierig, auch die Erforschung dieser Krankheiten kann lange
dauern, da es schwierig ist, eine ausreichende Anzahl von Menschen mit
derselben seltenen Krankheit zu finden, die als Basis für die
wissenschaftliche Erforschung benötigt werden.
Während für eine
bestimmte seltene Erkrankung die Zahl der Menschen extrem niedrig ist,
bedeutet die sehr große Anzahl der verschiedenen seltenen Erkrankungen,
dass in Europa Hunderttausende betroffen sind. In den letzten Jahren
wurde deutlich, dass mit herkömmlicher Diagnostik eine seltene Krankheit
oft nicht erkannt wird. Bessere Gentests sind notwendig, um seltene
Krankheiten effektiv zu diagnostizieren.
Der Beitrag von SOLVE-RD
Hier
setzt SOLVE-RD an, ein großangelegtes Forschungsprogramm im Rahmen von
Horizon 2020 der Europäischen Kommission. Die akademischen SOLVE-RD
Partner haben eine Infrastruktur entwickelt, die die Koordination und
Analyse aller in Europa generierten Daten ermöglicht. Die Möglichkeit,
Daten von seltenen Krankheiten in dieser Größenordnung auszutauschen,
ist einzigartig und SOLVE-RD geht noch weiter, indem es die neuesten
verfügbaren "Multi-Omics" Methoden anwendet. Wenn die DNA-Daten auf eine
bestimmte Krankheit hindeuten, wenden die Wissenschaftler Tests an, die
die Funktion des Gens genauer untersuchen wie die RNA, Proteine
(Proteomics), Stoffwechselprodukte (Metabolomics) und das Epigenom
(Epigenomics). Eine Kombination dieser "…omics"-Techniken liefert
zusätzliche Informationen, die sicherstellen, dass eine seltene
Krankheit sicher diagnostiziert wird. Die enormen Datenmengen, die sich
aus diesem “Multi-Omics-Ansatz“ ergeben, müssen von Bioinformatikern
mithilfe intelligenter Algorithmen in nützliche, verständliche
Informationen umgewandelt werden.
Virtuelle Netzwerke
SOLVE-RD
ist einzigartig, da es die Forschung zur besseren Diagnostik seltener
Krankheiten direkt mit der besseren Versorgung in den 24
Referenznetzwerken (ERNs) auf europäischer Ebene verknüpft. Diese ERNs
wurden eingerichtet, um die Diagnose und Behandlung von Menschen mit
seltenen Krankheiten zu verbessern und zu harmonisieren. Durch geteiltes
Wissen und gemeinsame Richtlinien erhält beispielsweise ein Patient in
Rumänien die gleiche Diagnose und Behandlung wie in Schweden oder
Spanien. Die virtuellen Netzwerke bündeln das gesamte vorhandene Wissen
und überwinden unnötige Grenzen.
Diagnose der Zukunft
SOLVE-RD
umfasst die vier ERNs für seltene neurologische Erkrankungen (RND),
neuromuskuläre Erkrankungen (EURO-NMD), angeborene Fehlbildungen und
geistige Behinderung (ITHACA) sowie genetische Tumorrisikosyndrome
(GENTURIS). Diese ERNs sind die ersten, die ihre Patientendaten
beitragen und teilen, wodurch sie eine Vorreiterrolle bei der
Verbesserung der Diagnose und Behandlung dieser seltenen Krankheiten
übernehmen. Andere ERNs sollen später zu SOLVE-RD hinzukommen. Auf diese
Weise wird SOLVE-RD erhebliche Auswirkungen auf Wissen und klinische
Praxis haben, wenn es um die Diagnose und Behandlung seltener
Krankheiten in Europa geht.
Beteiligung des Universitätsklinikums Bonn
Am
Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen des Universitätsklinikums Bonn
(UKB) als einem der drei deutschen Standorte des ERN GENTURIS besteht
eine langjährige Expertise bei der Diagnostik, Behandlung und
Erforschung von erblichen Tumorsyndromen, insbesondere solchen mit einem
erhöhten Darmkrebsrisiko (Lynch-Syndrom, Polyposis-Erkrankungen des
Magendarmtrakts). Die Arbeitsgruppe „Erblicher Darmkrebs“ (Leiter: Prof.
Dr. med. Stefan Aretz) am Institut für Humangenetik beteiligt sich mit
umfassenden klinischen und genetischen Daten einer großen Kohorte von
Patienten mit ursächlich ungeklärter Polyposis-Erkrankung an der
Datengenerierung und -Auswertung.
Mehr Informationen unter www.solve-rd.eu
Pressemeldung: https://www.uni-bonn.de/neues/europaeisches-projekt-zur-erforschung-seltener-krankheiten