Science: Weitere Aufklärung der Bipolaren Störung
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22.11.2019 - Die Bipolare Störung tritt familiär gehäuft auf. Forscher des Instituts für Humangenetik tragen zur Aufklärung der Ursachen familiärer Häufung bei.
Bipolare affektive Störungen, auch manisch-depressive
Störungen genannt, sind schon seit der Antike bekannt. Das
Lebenszeitrisiko daran zu erkranken liegt in der Allgemeinbevölkerung
bei circa ein Prozent. Es gibt allerdings auch Familien, bei denen die
Erkrankung über Generationen hinweg stark gehäuft auftritt. Hier wurde
bislang immer vermutet, dass einzelne Mutationen mit einer großen
Effektstärke für die Erkrankung verantwortlich sind.
Häufig vorkommende Risiko-Varianten sind bedeutsam
Forscherinnen
und Forscher des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in
Mannheim, des biomedizinischen Forschungsinstituts IBIMA in Málaga,
Spanien, des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie und des Klinikums
rechts der Isar der Technischen Universität, jeweils in München, sowie
des Universitätsklinikums Bonn haben nun gemeinsam eine Studie zu den
genetischen Ursachen der bipolaren Störung in betroffenen Familien
durchgeführt. Sie haben herausgefunden, dass auch in Familien, bei denen
über mehrere Generationen hinweg sehr viele Familienmitglieder von der
Erkrankung betroffen sind, häufig vorkommende genetische
Risiko-Varianten eine wichtige Rolle spielen. Selbst in solch mehrfach
betroffenen Familien haben also auch die genetischen Varianten, die
grundsätzlich jeder Mensch in sich trägt, einen deutlichen Einfluss auf
das Krankheitsrisiko. Dies steht im Gegensatz zur früheren Annahme, dass
in betroffenen Familien seltene Genmutationen als Hauptrisikofaktoren
für eine bipolare Erkrankung gelten.
Risikovarianten sammeln sich in mehrfach betroffenen Familien an
„Wir
hatten schon seit längerem vermutet, dass die häufigen Varianten eine
wesentliche Rolle spielen, nachdem wir vor einigen Jahren erstmals bei
einigen wenigen betroffenen Familienmitgliedern eine Häufung
solcher Risikovarianten beobachtet hatten“ sagt Prof. Dr. Marcella
Rietschel, Wissenschaftliche Direktorin und Leiterin der Abteilung
Genetische Epidemiologie in der Psychiatrie am ZI. Nun konnten die
Forscher bei der systematischen Untersuchung zeigen, dass sich
Risikovarianten in den betroffenen und nicht betroffenen Mitgliedern aus
über 30 mehrfach betroffenen Familien ansammelten. Selbst die nicht
betroffenen Familienmitglieder wiesen im Vergleich zu unverwandten
Gesunden eine erhöhte Anzahl häufiger Risikovarianten auf. Die
betroffenen Familienmitglieder zeigten die höchsten Risikowerte, die die
durchschnittlichen Risikowerte in einer unabhängigen Gruppe
von unverwandten Personen mit einer bipolaren Störung deutlich
übertrafen.
Zusammenspiel zwischen häufigen und seltenen Risikovarianten?
„Unsere
ursprüngliche Erwartung in diesen hoch belasteten Familien relativ
einfach einige wenige kausale Krankheitsmutationen zu finden, hat sich
so leider nicht erfüllt. Auch wenn es möglich ist, dass eine Ballung von
vielen kleinen Risikovarianten das Krankheitsrisiko erklärt, kann
trotzdem nicht ausgeschlossen werden, dass auch seltenere Varianten mit
größeren Effekten in diesen Familien eine Rolle spielen. Nach diesen
werden wir weiterhin suchen“, sagt Rietschel. „Außerdem interessiert uns
nun, welche Faktoren solche Familienmitglieder gesund halten, die trotz
einer hohen Belastung an Risikovarianten nicht erkrankten und
umgekehrt“, sagt Dr. Fabian Streit, Mitarbeiter in der Abteilung für
Genetische Epidemiologie in der Psychiatrie am ZI.
Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry“ veröffentlicht. Bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der extreme Stimmungsschwankungen auftreten. Betroffene pendeln dabei zwischen Phasen der Niedergeschlagenheit und der Hochstimmung (Depression und Manie), ohne diese Wechsel selbst kontrollieren zu können. Bipolare Störungen gehören laut Weltgesundheitsorganisation zu den Krankheiten, die weltweit am meisten zu dauerhafter Beeinträchtigung führen. Betroffene weisen auch ein erhöhtes Suizidrisiko auf.
Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry“ veröffentlicht. Bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung, bei der extreme Stimmungsschwankungen auftreten. Betroffene pendeln dabei zwischen Phasen der Niedergeschlagenheit und der Hochstimmung (Depression und Manie), ohne diese Wechsel selbst kontrollieren zu können. Bipolare Störungen gehören laut Weltgesundheitsorganisation zu den Krankheiten, die weltweit am meisten zu dauerhafter Beeinträchtigung führen. Betroffene weisen auch ein erhöhtes Suizidrisiko auf.
Veröffentlichung:
„Bipolar
multiplex families have an increased burden of common risk variants for
psychiatric disorders.” Andlauer TFM, Guzman-Parra J, Streit F (…)
Rietschel M. Mol Psychiatry. 2019 Nov 11. Doi:
10.1038/s41380-019-0558-2.
Pressemitteilung: